Konfrontation mit China

März 5, 2018

Der laufende Prozess der Aufhebung der Amtszeitbeschränkung für den Präsidenten Chinas bedeutet
voraussichtlich, dass Xi Jinping nun chinesischer Alleinherrscher auf Lebenszeit ist. Er hat damit
seine Stellung intern so gefestigt, dass er sich voll auf sein Ziel konzentrieren kann, das Land zur
politisch und wirtschaftlich führenden Weltmacht zu machen. Dies durch seine BRI (Belt and Road
Initiative), durch den Ausbau von militärischen Stützpunkten von Afrika über Südasien, das
südchinesische Meer bis in den Westpazifik sowie durch Import und Aufkauf westlicher Technologie.
Entsprechend werden in allen diesen Bereichen Gegenkräfte aktiver, was sich direkt auf den globalen
Wirtschaftsverkehr mit China auswirken wird.

Nach Jahren des Versuches, mit Beijing in verschiedenen Bereichen Partnerschaft anzustreben, haben
die USA unter Präsident Trump in einem sicherheitspolitischen Grundsatzpapier China erstmals einen
‘strategic rival’ genannt. Es geht damit nicht mehr darum, ob, wo und wie sich Xi und Trump
persönlich verständigen können und wollen, sondern um eine umfassende Verschärfung der Rivalität
zwischen den beiden Supermächten. Dies sowohl sicherheits-, als auch wirtschaftspolitisch. Die BRI
hat für das China von Xi eine doppelte Funktion sowohl als Infrastruktur für transkontinentale
Handels- und Produktionsketten in Eurasien, als auch von militärisch nutzbaren Stützpunkten zu deren
sicherheitspolitischem Schutz. Primär sicherheitspolitisch bedingt ist die Errichtung und der Ausbau
von militärischer Infrastruktur im südchinesischen Meer und weiter westwärts, wo sich Beijing sowohl
gegen ein militärisch wieder stärker auftretendes Japan als auch gegen amerikanische Suprematie im
Pazifik wappnen will.

Dagegen formiert sich Widerstand. Sicherheitspolitisch ist in erster Linie die sogenante Quad
(quadrilateral security dialogue between the four democracies USA, Japan, Australia and India) zu
nennen. Es handelt sich dabei um eine lose Übereinkunft zu gemeinsamen Manövern und gewissen
gegenseitigen Abstimmungen im sicherheitspolitischen Bereich, eingeschlossen ein noch vager Plan,
der chinesischen BRI eine südliche Variante entgegen zu stellen. Die Quad ist weder institutionell
noch historisch, so zur Zeit des kalten Krieges, mit der NATO zu vergleichen. Dass aber diese vier
asiatischen Grossmächte, mit so unterschiedlichen aussenpolitischen Interessen und Traditionen zu
einer solchen Kooperation bereit sind, weist auf steigende Besorgnis hin gegenüber einem immer
autoritärer geführten China.

Eine sicherheitspolitische ‘wild card’ kommt im Grossraum Asien-Pazifik der Problematik um die
beiden Korea zu. Darauf sind wir detailliert eingegangen: klick hier. Hier gilt es festzuhalten, dass
trotz ‘Olympischem Frieden’ im Februar 2018 der amerikanische Druck zunehmen wird. Direkt auf
Nordkorea via Embargos, Boykotte und militärische Gesten. Auch für Unternehmen, die keineswegs
direkt mit Nordkorea oder seinen bekannten Agenten im Ausland zu tun haben, ist Vorsicht geboten:
Wie im eben erwähnten briefing bemerkt, sind in verschiedenen Weltgegenden Kontingente
nordkoreanischer ‘Gastarbeiter’ tätig, was ausreicht, dass Geschäfte mit, und im betroffenen Drittland
unter amerikanische Boykottbestimmungen fallen.

In diesem Zusammenhang verdient Erwähnung, dass auch in der Nukleardoktrin Washington’s
eine wichtige Weichenstellung erfolgt ist: Ein teilweises Abrücken weg von der Theorie der gegenseitigen garantierten Vernichtung (MAD) eines Hauptgegners hin zur Möglichkeit als ultima
ratio taktische Nuklearwaffen in einzelnen Operationen einzusetzen.

Auch handelspolitische Strafmassnahmen der USA werden immer wahrscheinlicher gegenüber
China. Ein entsprechender Anfang ist gemacht mit der laufenden Anordnung von Zollzuschlägen auf
Stahl- und Aluminiumimporten. Im Moment der Abfassung dieses briefings ist noch unklar, ob es sich
um generelle Zuschläge aus nationalen Sicherheitsgründen (was beispielsweise auch Kanada stark
treffen würde), oder aber um speziell gegen chinesische Importe gerichtete Strafzölle (was wohl zu
Umgehungsgeschäften führen würde) handeln wird.

Bereits heute klar zu verfolgen sind die zunehmenden gesetzlichen Massnahmen nicht nur von
Washington sondern auch einer Reihe anderer westlicher Wirtschaftsmächte – darunter wohl bald
auch die Schweiz – zur Eindämmung chinesischer Investitionen, speziell natürlich zur Abwehr von
eigentlichen Übernahmen. Neu sind indes mögliche gesetzliche Massnahmen, welche die
entsprechende amerikanische Kontrollbehörde Cfius (Committee on Foreign Investment in the United
States im US Treasury) ebenfalls zur Kontrolle amerikanischer Investitionen im Ausland (sprich: in
China) bevollmächtigen würde.

Dies ruft Erinnerungen wach an die Zeit der sog. COCOM (Coordinating Committee for
Multilateral Export Controls) Massnahmen während des Kalten Krieges. Als strategisch wichtig
erachtete Güter und Technologie konnten nur mit Bewilligung der USA in die Sowjetunion und nach
Osteuropa geliefert werden. Ob NATO-Mitglieder oder nicht, alle westlichen Länder, eingeschlossen
der Schweiz beteiligten sich formell oder informell an diesem Exportregime. Es blieb aus
handelpolitischen – Zuwiderhandlung hatte Ausschluss vom US-Markt zur Folge – und
sicherheitspolitischen Gründen – ganz Westeuropa befand sich de facto unter dem amerikanischen
Nuklearschirm – gar keine andere Wahl. Solche Aussichten simd im Wirtschaftsverkehr mit China
nicht mehr auszuschliessen.

Schliesslich sei noch die – kleine, aber nicht ganz auszuschliessende – Möglichkeit erwähnt, dass
Präsident Xi auf seinem momentan unaufhaltbar scheinenden Aufstieg zum chinesischen Kaiser Mao
II doch noch aufgehalten wird. Sei es durch die Armee, wo er sich mit seinen als
Antikorruptionsmassnahmen ettiketierten Säuberungen zahlreiche Feinde geschaffen hat, oder durch
ein brutales Ende des Wirtschaftswachstum, was ihn seine im Moment offensichtliche Popularität bei
den chinesischen Massen kosten würde. Allerdings dürfte das die Konfrontation mit China allenfalls
hinauszögern, nicht aber verhindern.

Picture: APEC 2013